Ich bin Anne – digitale Nomadin, leidenschaftliche Skifahrerin und seit letztem Jahr auch Skilehrerin. Das Besondere daran? Meine Ausbildung habe ich nicht wie die meisten in den österreichischen Alpen absolviert, sondern im griechischen Parnassos. Umgeben von antiken Dörfern und beeindruckenden Berglandschaften erlebte ich eine außergewöhnliche Reise. Gerne nehme ich euch mit zu wertvollen Lernerfahrungen, unerwarteten Herausforderungen, geselligen Abenden mit Ouzo, Begegnungen mit Bergziegen und einer Menge Spaß auf der Piste in diesem einzigartigen Land.
Auch von 14.-25. Februar 2025 findet eine Ausbildung der Snowsports Academy in Parnassos statt. Mehr Infos dazu findest du auf unserer Website: https://booking.snowsports.at/de/snowsports-academy/courses-held-in-english/
Ski und Sirtaki: Meine Skilehrerausbildung im Parnassos
"Gibt's da überhaupt Schnee?”. Gefühlt jeder, dem ich von meinen Plänen erzähle, eine Ausbildung zur Skilehrerin in Griechenland zu beginnen, zeigt in etwa die gleiche Reaktion. Ja, man kann in Griechenland nicht nur in türkisem Wasser baden, sondern auch über weiße Pisten gleiten. So auch in den Bergen Zentralgriechenlands am Berg Parnassos. Dort findet man ein kleines Skigebiet auf einer Höhe zwischen 1.850 m und 2.250 m. Es liegt unweit der Stadt Delphi, welche immerhin über knapp 1.000 Jahre in der Antike den wortwörtlichen Nabel der Welt darstellte.
Wir übernachten in Arachova, einem pittoresken Dorf, dessen Häuser auf einem gefühlt 63% steilen Hang wie eine Häuserlawine zum Stehen gekommen zu sein schien. Steinhäuser, kleine Cafés, gemütliche Tavernen und Skiläden säumen die schmalen Straßen die sich durch den Ort schlängeln.
Ein wenig verhalten sitzen wir Teilnehmenden am Abend der Anreise an dem großen Tisch im Hotelrestaurant, der extra für uns reserviert war. Keine kannte sich vorher. Aber diese Schüchternheit verflog wie eine frische Schneeflocke im Wind. “We will be one big snow sport family for the next 10 days” verkündet Stefan Wallner während der anschließenden Einführungsveranstaltung. Er ist gemeinsam mit Lukas Gruber unser Ausbilder. Boarder und Skifahrer sehen sich etwas ungläubig um. Doch die beiden schaffen es, mit ihrer persönlichen Art in kürzester Zeit eine großartige Atmosphäre zu schaffen. Wir lernen uns alle schnell besser kennen und mit jedem Tag fühlt es sich immer mehr danach an, sich gemeinsam mit seinen Freunden früh morgens auf den Weg zur Piste zu machen, anstatt “nur” mit anderen Schneesportlehrer-Azubis. Während griechische Musik aus dem Autoradio dudelt, diskutieren wir fröhlich über Equipment, Fahrfehler und Trainingsmethoden. Im Sessellift philosophieren wir über das Leben und überlegen uns, wo wir wohl als Schneesportlehrer arbeiten könnten. Und das fand ich wirklich großartig. Für das Mindset beim Skifahren, aber auch fürs Lernen selbst. Miteinander durch Reflektieren, Feedback und Austausch.
Der erste Tag auf der Piste
Was genau steht heute an? Nach einer kurzen Fahrt mit der Gondel (die übrigens “Aphrodite” heißt) stehen wir also auf 2.250 Metern. Eine ordentliche Brise fegt uns um die Ohren. Es ist Zeit fürs gemeinsame Aufwärmen. Als Gast wäre ich bei dem Wetter wohl länger im Bett liegen geblieben...
Dank der spielerischen Art, die Stefan und Lukas an den Tag legen, wird uns allen wirklich sehr schnell warm und lässt uns den Wind, der uns gelegentlich hin und her schubst, fast vergessen… Aha! Bereits das erste gelernt: Professionell mit viel Spaß bei der Sache, gibt Gästen ein gutes Gefühl. Check! Und das war nur der Anfang von so vielen Dingen, die wir in der doch sehr kurzen Zeit lernen durften. Über Fahrtechnik, verschiedene Übungen, Sicherheit, Schnee und, und, und
Immer noch der erste Tag. Ich muss erstmal wieder lernen, geduldig im guten alten Schneepflug zu fahren. Klingt erstmal einfacher als es ist - das kann doch schließlich jeder, der Ski fährt… Stimmt! Aber wenn man es gefühlte hundert Jahre nicht gemacht hat und so sauber demonstrieren muss, damit andere davon lernen können, ist das noch mal eine andere Sache. Man denkt plötzlich über jede Bewegung nach.
Ich beginne aber genau dadurch, viel bewusster Ski zu fahren. An den ersten Tagen führt dies zu meinem Freud und Leid dazu, dass ich eigene Fehler beim Fahren bemerke und mich aber darüber ärgere. Der Flow war weg. Ich fahre nur noch im Kopf und nicht mehr nach Gefühl. Ist der Oberkörper richtig zum Hang positioniert? Warum wedel ich so doof mit meinen Armen herum? Es fühlt sich in etwa so an, wie wenn man einen Tausendfüßler fragen würde, wie er all seine kleinen Beinchen koordiniert. Dieser würde mit Sicherheit stolpern, sobald er anfangen würde, darüber nachzudenken.
Ich spreche mit meiner wunderbaren Zimmergenossin Tania (aus Thessaloniki) darüber. Ihre Erfahrung ist hier ähnlich und wir sind uns einig: All der Input und die Übungen haben uns dabei geholfen, uns unseren Bewegungsabläufen bewusster zu werden. Wir wissen nun, wie wir uns verbessern können. Und am Ende werden wir, wie der kleine Tausendfüßler, alles wieder in einen flüssigen Bewegungsablauf bekommen. Als bessere Skifahrer und hoffentlich als noch bessere Lehrerinnen. Und darauf kommt es an!
Spoiler: Auch das ist eines der Ziele, die eine gute Schneesportlehrerin haben sollte. Nämlich ein Bewusstsein beim Gast für die Materie zu schaffen, damit sie oder er selbstständig auch nach dem Unterricht davon profitieren kann.
Prüfungsfieber und Freudentränen: Der krönende Abschluss meiner Skilehrerausbildung in Griechenland
Die Tage verfliegen. Wir trainieren, lernen Theorie, essen gutes Essen, trinken am Abend gemütlich Ouzo und Tsipouro am Kaminfeuer. Und plötzlich sitzen wir alle am letzten Abend zusammen, um die Ergebnisse zu erfahren. Die praktischen Prüfungen waren gefahren, die Lehrauftritt demonstriert, die Theorie geschrieben. Stefan und Lukas stehen mit DIN A4 Blättern und relativ ernster Miene vor uns. Ein Teilnehmender nach dem anderen erhält das Ergebnis. Und: das Zertifikat! Ich bin etwas nervös. Hat es gereicht? Mein Name fällt - Lukas sieht mich mit seinem Pokerface an. Und dann huscht doch ein Lächeln über sein Gesicht. Ja! Ich habe bestanden und halte das Zertifikat in meinen Händen. Freue mich kurz, aber die Anspannung war irgendwie noch nicht ganz weg. Was ist mit den anderen?
Einer fehlt noch. Stefan schaut (ebenfalls mit Pokerface) in die Runde. Er sagt, dass er “sowas in 20 Jahren noch nie erlebt hätte”. Puh! Das ist ne Ansage… Stefan holt tief Luft: “Noch nie haben ausnahmslos alle Teilnehmenden aus einem Kurs die Prüfung bestanden!”. Wie geil ist das denn bitte? Fröhlich, erleichtert und mit gutem Gefühl schlendern wir in eine der gemütlichen Tavernen im Dorf, um dort unser Bestehen zu feiern. Jámas!
Einen Tag nach Ende der Ausbildung unternehme ich eine kleine Wanderung. Das erste Mal nach einer gefühlten Ewigkeit laufe ich ganz normal, anstatt meine Skier den Berg runter gleiten zu lassen. Keinen Druck auf die Kanten geben, sondern leichtfüßig abrollen. Altbekannte Bewegungsabläufe wieder abrufen, sozusagen. Nur mein Rucksack und ich. Unter kritischer Beobachtung einer Herde Bergziegen steige ich den schmalen, steilen Pfad bergauf. Ich lasse mir die Zeit der Ausbildung durch den Kopf gehen. Würde ich es wieder so machen? Auf jeden Fall! Würde ich noch einmal wiederkommen? Bestimmt! Und wenn es für die neu gewonnenen Freunde und einen guten Tsipouro wäre! Und Level 3? Sehr wahrscheinlich… vielleicht in Agentinnen!
Autorin: Anne Flöter
Mehr Infos zur Ausbildung in Griechenland:
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